Aleph
Volume 11, Numéro 2, Pages 11-40
2024-01-25

Die Schrecken Des Eises Und Der Finsternis Von Christoph Ransmayr, Eine Chronotopische Grenzüberschreitung, Von Innen- Und Außenräumen, Dekonstruktion Von Schreckensgeschichten

Auteurs : Beghoul Rafika .

Résumé

Christoph Ransmayrs Roman Die Schrecken des Eises und der Finsternis lesen wir als « Schauplatz » (S. 21), « Schauspiel », aber auch als « Kulissen », die für eine Vielstimmigkeit, Intermedialität, geschichtliche Vielschichtigkeit, Faktualität und Transhistorizität repräsentativ sind. Sein transhistorisches Konstrukt, das zwei Explorationen (1872 und 1981) in einer polyphonen Partitur von Stimmen, Zitaten aus Journals, Chroniken und Multiperspektivität aufführt, ist von einem « Wir » eingeleitet. Seine Erzähltechnizität inszeniert an Mazzini (1981) dem Schriftsteller und « Erfinder » von Wirklichkeiten, der diese letzten nach seiner Phantasie ermisst, einen Doppelgänger, eine Autor-Figur. Der Roman stellt umgekehrt damit das Wahrscheinlichkeits- und Mimesis-Prinzip als Ideologem in Frage. An beiden Explorationen rekonstruiert Ransmayr die andere ungeschriebene Geschichte eines Inneren, Unsichtbaren, die Gegengeschichte von Schwachen, Verletzten Matrosen, auch die von Angst und Schrecken. Räume, Topografien, aber auch eine Versachlichung, Instrumentalisierung von Körpern stehen im Mittelpunkt seiner Poetik und Kritik. Ransmayr tauscht die Repräsentativität der Wahrheitssysteme um, stellt die vergessenen Namendurch offizielle Archive als notwendig auszugleichende Ausgrenzung, Wahrheit und zu erfüllende Gerechtigkeit auf, auch auszufüllende Risse, Lücken und Leerstelleneiner Geschichts-schreibung, deren Kartographie sich mit einer Erdgeschichte überschneidet. Sein Anachronismus dient einer Rehabilitierung der anderen Wahrheit der Schwächeren, der Verbeugten Körper von Matrosen, über deren Ängste, Einsamkeit und Verlassenheit in der unendlichen Finsternis eines arktischen Winters. Weyprecht und Payer erheben sich zu kritischen grenzüberschreitenden und sich von Machtdiskursen emanzipierten Stimmen. Auch sind hintergründige tropische Landschaften und Allegorien in eine Denunziation kolonialer Pläne und auszufüllenden Kartographie von Leerstellen umfunktioniert. Der polyphone Roman und dessen ästhetische Grenzüberschreitungen setzen die Ideologisierung von Theorien, die lückenhafte Geschichtsschreibung, eine Archäologie von Gewalt ebenso wie eine Zirkularität von Geschichte als programmatische Problematiken in den Vordergrund.

Mots clés

Ransmayr ; Grenzüberschreitung ; Chronotopos ; Schreckensgeschichte ; Die Schrecken des Eises und der Finsternis ; Erdgeschichte